TV Tipps / Namibia im Fernsehen

28.08.2006, 21:15 - 22:45, 3sat

Namibia Generation X

15 Jahre nach Ende der Apartheid in Namibia stehen an der Deutschen Höheren Privatschule (DHPS) in Windhuk, erstmals Klassen weißer, farbiger und schwarzer Schüler vor dem Abschluss. Der Jahrgang dieser ersten Post-Apartheids-Generation kennt die Rassentrennung nur aus dem Geschichtsbuch. Doch obwohl Frau Gretschel, Lehrerin an der DHPS, unermüdlich für die Integration an ihrer Schule streitet, lassen die Schüler nur zaghaft die Schatten der Vergangenheit hinter sich. Dies gilt auch für die fünf 18-jährigen Jugendlichen, die der Film während ihrer Vorbereitungen zur Schulabschlussprüfung begleitet. Mirko und Natasha, das erste schwarzweiße Liebespaar der Schule, Sheila, ein angolanischer Bürgerkriegsflüchtling, Kai Uwe, ein deutschstämmiger Farmersohn, und Tatum, ein farbiges Mädchen, dessen Familie nach der Apartheid den sozialen Aufstieg geschafft hat.

Natasha kommt aus ärmlichen Verhältnissen. Im Alter von acht Jahren kam sie durch eine Begabtenförderung an die DHPS. Seitdem lebt sie im Wohnheim der Schule. Nur an den Wochenenden besucht sie die eigene Familie im ehemaligen schwarzen Township Katutura, was soviel bedeutet wie 'der Ort, an dem wir nicht bleiben wollen'. Doch seit sie mit Mirko geht, würde sie viel lieber die Wochenenden mit ihm verbringen, als sich daheim gemäß der Familientradition um den Haushalt zu kümmern. Mirko lebt auf einer Kleinsiedlung vor den Toren Windhuks. Laut Familienstammbaum ist Mirko Spross eines adligen Hugenottengeschlechts. Der Urgroßvater diente als Schutztruppler in Deutsch-Südwest. Früher lebte die Familie auf einer Farm, doch ständige Dürren zwangen zur Aufgabe des Betriebs. Seitdem arbeitet der Vater im Einzelhandel und die Mutter als Lehrerin. Mirko ist der Jüngste der Familie. Alle anderen Kinder sind bereits aus dem Haus. In der Schule ist er ein Mädchenschwarm. Dass er als Weißer jetzt mit einer Schwarzen zusammen ist, hat es hier noch nicht gegeben.

 

Sheila kommt aus Luanda, Angola. Sie lebt allein mit ihren Geschwistern, Cousins und Cousinen in einer einfachen Zweizimmerwohnung in Hochlandpark am Stadtrand von Windhuk. Vor zehn Jahren haben Sheilas Eltern die Kinder wegen der Bürgerkriegswirren von Angola nach Namibia gebracht, damit sie hier in Sicherheit eine gute schulische Ausbildung genießen können. Bislang war Sheila eine der besten Schülerinnen. Doch wachsender Prüfungsdruck, permanente Geldnot und fehlende elterliche Fürsorge bedrohen ihren Schulabschluss. Tatum lebt mit ihren Eltern in Ludwigsdorf, einem wohlhabenden Stadtviertel, das zu Apartheidszeiten ausschließlich den Weißen vorbehalten war. Tatum ist eine Grenzgängerin zwischen den Hautfarben. Sie bezeichnet ihre Existenz als einen ewigen Spagat. Sie sei nicht weiß und nicht schwarz genug, um sich dem einen oder anderen Freundeskreis zugehörig zu fühlen. Gleichwohl ermöglicht ihr genau dieser Sachverhalt Zugang zu allen Cliquen und Gesellschaftsschichten.

 

Der Farmersohn Kai Uwe lebt seit seinem fünften Lebensjahr im Schulheim, da das elterliche Gut eine ganze Tagesreise von Windhuk entfernt ist. Vor hundert Jahren kamen Kai Uwes Urgroßeltern ins Land und begannen mit der Viehzucht, die noch heute Haupteinnahmequell der Eltern ist, obwohl die Fleischpreise stetig sinken. Kai Uwe ist sich unschlüssig, ob er nach der Schule ins Ausland gehen soll. Man weiß nicht so genau, was die Zukunft bringt. Zumal man sich vor ähnlichen politischen Entwicklungen wie im benachbarten Simbabwe fürchtet, wo mittlerweile fast alle weißen Farmer von den schwarzen Machthabern enteignet und vertrieben wurden.

 

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